Vereinsgeschichte

DIE ANFANGSJAHRE

Eigent­lich begann die Geschich­te des Bogen­sport-Clubs Frank­furt bereits Anfang der 1950er Jah­re als die Schul­leh­re­rin Anne Arndt ihrem Mann — dem Frank­fur­ter Künst­ler Wer­ner Arndt — zu Weih­nach­ten einen Bogen schenk­te, ohne auch nur eine Ahnung über die Fol­gen ihres Geschenks zu haben.[1] Auch wenn der ers­te Pfeil im Licht der Weih­nachts­ker­zen nicht die Ziel­schei­be, son­dern eines der gemal­ten Por­traits getrof­fen haben soll[2] — die Fas­zi­na­ti­on des Bogen­sports erfass­te Wer­ner Arndt so sehr, dass er einen Groß­teil sei­ner Zeit dafür auf­brach­te.

Wer­ner Arndt. © Deut­scher Schüt­zen­bund; Foto: Rena­te Bein

senkrechtstart zur bogenelite

Aus­ge­rüs­tet mit ein­fa­chen ein­tei­li­gen Holz­bö­gen trai­nier­ten Wer­ner Arndt, sei­ne Frau Anne und der befreun­de­te Jurist Tas­si­lo von Win­ter­feld anfangs auf den Sport­plät­zen des SC 1880 an der Adi­ckes­al­lee[7] und in den Win­ter­mo­na­ten im Koh­len­kel­ler des alten Poli­zei­prä­si­di­ums bzw. der Falk-Mit­tel­schu­le[8]. Die Arndts waren beim Bogen­schie­ßen bun­des­weit schnell ganz vor­ne mit dabei. Bei dem ers­ten Wett­kampf des Deut­schen Schüt­zen­bun­des (DSB) nach FITA-Regeln errang Wer­ner Arndt 1955 in der Mann­schaft des Schüt­zen­ver­eins Bie­brich 1864 den ers­ten Platz.[9] Zwei Jah­re spä­ter wur­de Anne Arndt Zwei­te der Damen­klas­se bei den Bun­des­meis­ter­schaf­ten 1957.[10] Und bei der 1. Deut­schen Meis­ter­schaft 1958 in Nürn­berg wur­de Anne Arndt Drit­te der Damen- und Sohn Fritz Arndt Zwei­ter der Jugend­klas­se.[11] Das Ehe­paar Arndt konn­te sich zudem für die ers­te deut­sche Natio­nal­mann­schaft des DSB qua­li­fi­zie­ren und nahm dar­auf­hin 1958 an den 19. Welt­meis­ter­schaf­ten in Brüs­sel teil.[12] Aber auch sonst ver­tra­ten Wer­ner und Anne Arndt die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Aus­land — so zum Bei­spiel mehr­fach beim Tur­nier des Gol­de­nen Bogen von Basel[13].

Teil­nah­meur­kun­de zur Welt­meis­ter­schaft, 1958.
Wer­ner Arndt beim WM-Qua­li­fi­ka­ti­ons­schie­ßen in Wies­ba­den, 1958.
1. Deut­sche Natio­nal­mann­schaft, 1958. © Deut­scher Schüt­zen­bund; Foto: Kon­rad Aiche­mül­ler
Anne Arndt.

ANFÄNGE DES BOGENSPORTS IN DEUTSCHLAND

Das Bogen­schie­ßen als regle­men­tier­ter Sport war in Deutsch­land zu Beginn der 50er Jah­re im Gegen­satz zu ande­ren euro­päi­schen Natio­nen weder wirk­lich bekannt noch ver­brei­tet.[3] Es gab ledig­lich eini­ge Jugend­li­che und Erwach­se­ne, die am Ran­de der Städ­te oder in pri­va­ten Gär­ten zum Zeit­ver­treib mit dem Bogen han­tier­ten; und auch ein paar Schüt­zen­ver­ei­ne besa­ßen eine Bogen­ab­tei­lung. Doch erst als der Deut­sche Schüt­zen­bund das Bogen­schie­ßen 1954 als neue Dis­zi­plin mit dem stan­dar­di­sier­ten FITA-Regel­werk in sein Sport­pro­gramm auf­nahm und des­sen Auf­bau unter dem Refe­ren­ten Kon­rad Aiche­mül­ler bun­des­weit för­der­te, wur­de das Bogen­schie­ßen als neu­es sport­li­ches Betä­ti­gungs­feld in der Bun­des­re­pu­blik wirk­lich erschlos­sen[4] und erfuhr in den Fol­ge­jah­ren ein rasan­tes Wachs­tum: Bei dem ers­ten vom DSB aus­ge­schrie­be­nen Tur­nier nach FITA-Regeln nah­men 1955 noch ledig­lich drei Ver­ei­ne mit 35 Schüt­zen teil.[5] Ein Jahr spä­ter waren es beim Bun­des-Ver­eins-Wett­kampf bereits 67 Ein­zel­schüt­zen aus 15 Schüt­zen- und Bogen­ver­ei­nen. Ende 1956 gab es in der BRD ins­ge­samt 20 Schüt­zen­ver­ei­ne mit Bogen­ab­tei­lun­gen und 4 rei­ne Bogen­sport­ver­ei­ne; 1959 waren es dann bereits 43 Schüt­zen- und 6 Bogen­sport­ver­ei­ne.[6]

Die Vereinsgründung

Bei dem Event in der Schweiz mach­te das Ehe­paar Arndt die Bekannt­schaft mit Oscar Kes­sels, dem dama­li­gen Prä­si­den­ten des 1931 gegrün­de­ten Welt­ver­bands FITA (Fédé­ra­ti­on Inter­na­tio­na­le de Tir à l’Arc, heu­te: World Archery).[14] Schein­bar tra­fen hier ver­wand­te Geis­ter auf­ein­an­der; denn es ergab sich ein reger Kon­takt. Als Oscar Kes­sels dann anläss­lich einer in Frank­furt am Main abge­hal­te­nen Public Rela­ti­ons Ver­an­stal­tung vor ver­sam­mel­ter Pres­se und Publi­kum auf 90 Meter einen Luft­bal­lon zer­schoss, war dies wohl end­gül­tig der Anstoß zur Grün­dung eines eige­nen Ver­eins.[15] Und so schrieb man das Jahr 1958 als die neun Ver­eins­grün­der den Bogen­sport-Club Frank­furt ins Leben rie­fen.[16]

Trai­ning im Regen, 1959.
Deut­sche Meis­ter­schaft in Stutt­gart, 1959.
1959_Einladung_zum_Tellschiessen_20221017_0001-1
1959_Unser_erstes_Clubfest_20221017_A_0001-1
1959_Unser_erstes_Clubfest_B_20221017_0001-2

Der Weg zum eigenen Platz

Dank des Ent­ge­gen­kom­mens der Stadt Frank­furt sowie durch die Ver­mitt­lung von Sport­di­rek­tor Schrö­der, konn­te man zunächst im Innen­raum der Rad- und Hun­de­renn­bahn des Frank­fur­ter Wald­sta­di­ons trai­nie­ren.[17] Wegen des Innen­raumum­baus zu einer Eis­bahn war die­se Übungs­mög­lich­keit aller­dings bald ver­tan und man bekam als Ersatz die Lie­ge­wie­se im Schwimm­bad des Wald­sta­di­ons zuge­wie­sen.[18] Da dort ein ordent­li­ches Trai­ning aber auch nur mög­lich war, wenn die Lie­ge­wie­se nicht von den Benut­zern des Sta­di­on­bads in Anspruch genom­men wur­de, sah sich der dama­li­ge Vor­stand ver­an­lasst, inten­siv mit der Sta­di­on­ver­wal­tung über die Erstel­lung eines eige­nen Übungs­ge­län­des zu ver­han­deln.

aus: Begleit­heft zum 1. Inter­na­tio­na­len FITA-Tur­nier, 1964.

endnoten

[1] Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 1.

[2] Frank­fur­ter Gesich­ter: Wer­ner Arndt, in: FAZ vom 12.10.1968, S. 82.

[3] Neu­mann, Her­bert: Die treff­si­che­ren Frank­fur­ter Bogen­schüt­zen. Das idyl­li­sche Domi­zil im Wald­sta­di­on, Ort: Ver­lag, Jahr.

[4] Aiche­mül­ler, Kon­rad: 40 Jah­re Bogen­schie­ßen in Deutsch­land. Wie alles begann, in: Deut­sche Schüt­zen­zei­tung 9, 1995, S. 45–46, S. 45.

[5] Der Schüt­zen­ver­ein Bie­brich 1864, bei wel­chem auch Wer­ner Arndt mit­schoss, errang mit 777 Rin­gen den ers­ten Platz (Prit­zer 263, Arndt 258, Soe­n­yars 256). Auf dem zwei­ten Platz folg­te die Pri­vi­le­gier­te Haupt­schüt­zen­ge­sell­schaft Nürn­berg mit 533 Rin­gen (Aiche­mül­ler 208, Völ­kel 170, Rei­chen­sper­ger 155). Den drit­ten Platz beleg­te mit 436 Rin­gen der ältes­te Bogen­sport­ver­ein Deutsch­lands: die Bogen­schüt­zen Gil­de Ham­burg (Wolff 183, Schnoor 156, Rabe 97).

https://schuetzenverein-biebrich.de/

https://www.hsg-nbg.de/hsg/

https://www.hamburger-bogenschuetzen-gilde.de

Aiche­mül­ler, Kon­rad: 40 Jah­re Bogen­schie­ßen in Deutsch­land. Wie alles begann, in: Deut­sche Schüt­zen­zei­tung 9, 1995, S. 45–46, S. 45–46; Das Bogen­schie­ßen erfor­dert viel Kraft. Eine Sport­art für die „rei­fe Jugend“ / Die Frank­fur­te­rin Anne Arndt wie­der Deut­sche Meis­te­rin, in: FAZ vom 24.08.1962, S. 27; Mit dem Bogen zwei­mal auf Gold zie­len. Eine olym­pi­sche Sport­art von his­to­ri­schem Hin­ter­grund / Star­ker Leis­tungs- und Mit­glie­der-Auf­schwung, in: FAZ vom 16.08.1969, S. 10.

[6]Aiche­mül­ler, Kon­rad: 40 Jah­re Bogen­schie­ßen in Deutsch­land. Wie alles begann, in: Deut­sche Schüt­zen­zei­tung 9, 1995, S. 45–46, S. 46.

[7] Pro­to­koll der ers­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung vom 14.05.1960, S. 1; vgl. Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 1; Frank­fur­ter Gesich­ter: Wer­ner Arndt, in: FAZ vom 12.10.1968, S. 82.

[8] Hes­sens ältes­ter Bogen­sport­club wird 50, in: FNP, 05.08.2008; Pro­to­koll der ers­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung vom 14.05.1960, S. 1.

[9] Sie­he Fuß­no­te 5.

[10] Ergeb­nis­lis­te Bun­des­meis­ter­schaf­ten, 1957.

[11] Aiche­mül­ler, Kon­rad: 40 Jah­re Bogen­schie­ßen in Deutsch­land. Wie alles begann, in: Deut­sche Schüt­zen­zei­tung 9, 1995, S. 45–46, S. 45.

[12] Die Natio­nal­mann­schaft wur­de durch drei Qua­li­fi­ka­ti­ons­schie­ßen ermit­telt. Die Damen­mann­schaft bestand aus Mar­git Gla­pi­ak (Ham­burg), Hel­ga Teich­grä­ber (Ober­hau­sen), Ger­da Her­zog (Nürn­berg) und Kapi­tä­nin Anne Arndt (Frank­furt). Die Her­ren­mann­schaft setz­te sich aus Hein­rich Dörr (Schlüch­tern), Fritz Grei­ne (Oes­t­ing­hau­sen), Ernst Ull­mann (Oes­t­ing­hau­sen) und Wer­ner Arndt (Frank­furt) zusam­men.

Anne Arndt war die bes­te deut­sche Schüt­zin und konn­te in der Ein­zel­wer­tung mit 1381 Rin­gen den 26. Platz errin­gen. Wer­ner Arndt gelang­te auf den 87. Platz. Gene­rell war die deut­sche Natio­nal­mann­schaft abge­schla­gen und hat­te gegen die inter­na­tio­na­le Kon­kur­renz kei­ne Chan­ce. Kon­rad Aich­mül­ler ver­weist dar­auf, dass die Deut­schen neben den Polen und Tsche­chen, die Ein­zi­gen gewe­sen sei­en, wel­che noch mit Stahl­bö­gen antra­ten, wäh­rend alle ande­ren Natio­nen neue schicht­ver­leim­te Holz­bö­gen aus den USA mit Eas­ton Alu­mi­ni­um­pfei­len geschos­sen hät­ten. Die­se neue über­le­ge­ne Aus­rüs­tung sei dann eben­falls noch im Brüs­se­ler Heysel Sta­di­on sofort von den deut­schen Schüt­zen bestellt wor­den.

Aiche­mül­ler, Kon­rad: 40 Jah­re Bogen­schie­ßen in Deutsch­land. Wie alles begann, in: Deut­sche Schüt­zen­zei­tung 9, 1995, S. 45–46, S. 46; Ergeb­nis­lis­te der 19. Welt­meis­ter­schaf­ten in Brüs­sel vom 20.–23.07.1958 ( https://web.archive.org/web/20131014164719/http://www.archery.org/UserFiles/Document/Results/Results/Before2006/Outdoor/1958_Outdoor.pdf, letz­ter Zugriff: 16.12.2022.)

[13] Die Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983 wie auch der FAZ-Arti­kel Frank­fur­ter Gesich­ter: Wer­ner Arndt vom 12.10.1968 erwäh­nen bereits das Jahr 1954, in dem die Arndts in Basel teil­ge­nom­men haben sol­len. Die­se Anga­be kann aller­dings nicht kor­rekt sein, da das ers­te Tur­nier des Gol­de­nen Bogen von Basel erst 1956 statt­fand. Für die Jah­re 1957–59 fin­det sich aller­dings ein Teil­nah­me­hin­weis im Pro­to­koll der ers­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung.

Sie­he https://wp.goldener-bogen.ch/page_de/ueber-uns/; letz­ter Zugriff 10.12.2022; Pro­to­koll der ers­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung vom 14.05.1960, S. 2; Frank­fur­ter Gesich­ter: Wer­ner Arndt, in: FAZ vom 12.10.1968, S. 82.

[14] Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 1.

[15] Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 1; Frank­fur­ter Gesich­ter: Wer­ner Arndt, in: FAZ vom 12.10.1968, S. 82.

[16] Auf der Grün­dungs­sat­zung sind nur sie­ben Unter­schrif­ten zu fin­den, da Herr Jür­gen Fries aus beruf­li­chen Grün­den die Grün­dungs­ver­samm­lung ver­säum­te. Infor­mell wur­de zudem der Augen­arzt Herr Dr. Otto Klemm eben­falls zu den Grün­dungs­mit­glie­dern des Ver­eins gezählt und teils sogar mit Wer­ner Arndt gleich­ge­stellt benannt.

Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 1.; vgl. Mit dem Bogen zwei­mal auf Gold zie­len. Eine olym­pi­sche Sport­art von his­to­ri­schem Hin­ter­grund / Star­ker Leis­tungs- und Mit­glie­der-Auf­schwung, in: FAZ vom 16.08.1969, S. 10; Neu­mann, Her­bert: Die treff­si­che­ren Frank­fur­ter Bogen­schüt­zen. Das idyl­li­sche Domi­zil im Wald­sta­di­on, Ort: Ver­lag, Jahr.

[17] Klemm, Otto: Unser Club, in: Begleit­heft zum 1. Inter­na­tio­na­len FITA-Tur­nier, 1964, S.15–17, S. 15.; Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 2; Pro­to­koll der ers­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung vom 14.05.1960, S. 1.

[18] Fest­re­de zum 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­um vom 19.08.1983, S. 2; Pro­to­koll der ers­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung vom 14.05.1960, S. 1; Bau­er, Tho­mas: Frank­fur­ter Wald­sta­di­on. 75 Jah­re Sport­ge­schich­te. 1925–2000, her­aus­ge­ge­ben von der Sta­di­on GmbH, Frank­furt am Main: Nest Ver­lag, 2000, S. 128–131.